Zusatzantrag zu „Bewerbung des Welterbe-Projektes „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ für die Fortschreibung der deutschen Tentativliste „UNESCO-Welterbe“

Beschlussvorschlag:

Die Stadt Kamen stimmt der Bewerbung zum Welterbe-Projekt „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ für die Fortschreibung der deutschen Tentativliste „UNESCO-Welterbe“ nur unter der Voraussetzung zu, dass die historische Aufarbeitung der Funktion des Ruhrgebietes und dessen Entwicklung auch Teil der Bewerbung wird.

Begründung:

Die Bewerbung für das UNESCO-Welterbe-Programm im Rahmen des Projektes „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ mit dem Welterbe-Element Köln-Mindener Eisenbahn ist sicher eine gute Gelegenheit für Kamen, sich als Teil der UNESCO Welterbe-Region Ruhrgebiet positiv zu präsentieren.
Allerdings empfinden wir als Bündnis 90/Die Grünen den Begleittext „Entwurf einer Darstellung des außergewöhnlichen universellen Wertes“ in seiner Gesamtausrichtung sehr undifferenziert und der Sache dadurch nicht gerecht werdend.
Die Menschen, die im Ruhrgebiet lebten und arbeiteten, taten dies über viele Jahrzehnte in einer Gesellschaft mit starken sozialen Verwerfungen, sehr hoher Arbeitsbelastung bei geringen Einkommen und ohne soziale oder gesundheitliche Absicherung. Die Wohnverhältnisse und mit ihnen die hygienischen Bedingungen waren sehr schlecht, die Kindersterblichkeit war hoch.
Die Menschen lebten in einer in weiten Teilen verschmutzten Umwelt, was dem Ruhrgebiet selbst heute noch als Image anhaftet.
Die im Ruhrgebiet erzeugten Produkte dienten nicht nur der Erschließung anderer Kontinente, sondern auch deren Unterwerfung und Ausbeutung.
Was das Begleitschreiben als das innovative Emscher-System und als Beleg für eine frühe Umwelttechnologie bezeichnet, war für die Menschen, die dort lebten, über Jahrzehnte eine stinkende Zumutung.
Das angesprochene koordinierte Vorgehen im Bau-, Siedlungs- und Verkehrssektor wie auch im Landschaftsschutz hat in vielen Gegenden wenig schützenswerte Landschaft, aber umso mehr Altlasten hinterlassen.
Hier ist erst in den letzten Jahrzehnten gegengesteuert und in jeder Hinsicht auch vieles erreicht worden.
Gerade die Tatsache, dass wir die meisten Probleme tatsächlich überwinden konnten, ist etwas, auf das wir stolz sein können und das auch anderen Regionen als positives Beispiel dienen kann.
Dieser Aspekt sollte in der Bewerbung zur UNESCO Welterbe-Region viel stärker zum Ausdruck gebracht werden.
Das Welterbe-Komitee betrachtet ein Gut als von außergewöhnlichem universellem Wert, wenn das Gut unter anderem folgenden Kriterium entspricht:
„Es ist ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur“.
Dieses Kriterium manifestiert sich in der Aussage, dass das Ruhrgebiet auch eine Vergangenheit der Ausbeutung der Arbeiterschaft, der Kriegswirtschaft und Kolonialisierung sowie der Zerstörung einer vormals intakten Umwelt hat. Anhand der Entwicklung des Ruhrgebiets kann man auch den gesellschaftlichen und politischen Wandel der vergangenen 200 Jahre, hin zu einer demokratisch und ökologisch orientierten Gesellschaft, darstellen.
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen beantragt daher, dass die Stadt Kamen der Bewerbung nur unter der Voraussetzung zustimmt, dass die historische Aufarbeitung der Funktion des Ruhrgebietes und deren Entwicklung auch Teil der Bewerbung wird.

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